Hermann Wilmink und „seine“ Raiffeisen-Bank!
Damals war ein Vorstand für die Geschäftsführung verantwortlich, allerdings ehrenamtlich tätig. Der ehrenamtliche Aufsichtsrat hatte die Geschäftsführung zu kontrollieren. Für die tägliche Durchführung der Bankgeschäfte sowie für die Umsetzung von Vorstandsbeschlüssen war ein „hauptamtlicher“ Geschäftsführer verantwortlich. Dieser wurde in der damaligen Zeit bei den Genossenschaften „Rendant“ oder „Rechner“ genannt. Wenn der Rendant gleichzeitig Mitglied des Vorstands war oder wurde, war er somit ein „hauptamtliches“ Vorstandsmitglied. Das dritte und oberste Organ einer Genossenschaft war die Generalversammlung, eine ordentliche oder außerordentliche Versammlung, zu der alle Mitglieder einer Genossenschaft eingeladen werden mussten. Grundlagen des Handelns waren das Genossenschaftsgesetz und die Satzung einer jeden Genossenschaft. Die Mitglieder wählten aus ihren Reihen satzungsgemäß die jeweilige Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat. Die Wahl eines Rendanten bestimmte die Genossenschaft in ihrer Satzung. In der Regel entweder durch Vorstand- und Aufsichtsratsbeschluss oder durch die Generalversammlung.
Den Beschluss, Hermann Wilmink zum 1. November 1949 zum Rendanten zu wählen, trafen Vorstand und Aufsichtsrat.
Vom damaligen Vorstand: Gerhard Sasse, Schuhmachermeister/Engden (Vorsitzender), Bernd Oldekamp, Landwirt/Brandlecht, Dr. Bernhard Holke, Dipl.-Kaufmann/Hestrup und vom damaligen Aufsichtsrat: Friedrich Friemann, Landwirt/Hestrup (Vorsitzender), Gerhard Theißing, Landwirt/Engden, Karl Völker, Landwirt/Brandlecht, Bernd Aschermann, Landwirt/Hestrup, Karl Ostermann, Landwirt/Hestrup.1
172-2 Einl. z. GV am 8.11.1949, 01.11.1949 – In der außerordentlichen Generalversammlung am 8. November 1949 schied Dr. Holke aus dem Vorstand aus. Die Mitglieder wählten einstimmig Johann Vogelsang, Molkereidirektor/ Hestrup zum neuen Vorstandsmitglied. Ebenso einstimmig wählte die Versammlung im Anschluss auf Vorschlag des Aufsichtsrates Hermann Wilmink „auf unbestimmte Zeit zum Rechner“. Das vollständige Protokoll lesen Sie hier: 73-2 S. 81+92 GV v. 08.11.1949 Neuer Rendant H.Wilmink beschl.. Das diese „unbestimmte Zeit“ nach 45 Berufsjahren mit dem Eintritt in den wohlverdienten Ruhestand zum 30.09.1991 enden sollte, ahnte damals sicher niemand. Und seitdem immer in der Verantwortung der Geschäftsführung, zuletzt als Vorstandsvorsitzender der damaligen Raiffeisen- und Volksbank Nordhorn eG.
Welche geschichtlichen Ereignisse und Entscheidungen in diese Zeit fielen, lesen Sie nachfolgend:
- 1950 / 1951 – Gründungsgedanken zu einer Viehverwertungs-Genossenschaft:
- 1951 – Der Geschäftsumfang erfordert den Kauf einer Rechenmaschine:
- 1952 – 75-2 S. 52+53 VS+AR v. 17.07.1952 masch. Durchschreibebuchfhrg. eingeführt
- 1952 – Am 14.06. beschloss die Generalversammlung: aus Spar- und Darlehnskasse wird „Raiffeisenkasse“ Hestrup e.G.m.b.H. 2
- 1952 – 75-2 S. 60 VS+AR v. 16.10.1952 Erweiterung der Kassenräume
- 1953 – 75-2 S. 80 VS+AR v.25.02.1953-Errichtg. Auto-Garage,Lager f. Brennmat.,Hühnerstall u. Waschküche
- 1953 – 75-2 S. 80 VS+AR v. 25.02.1953 – Siegfried Oldekamp wird z. 01.04.1953 als Lehrling eingestellt – ab 1965 wurde er am Gründerstandort Schüttorf 35 Jahre eine prägende Persönlichkeit!
- 1953 – 75-2 S. 87+88 VS + AR v. 28.05.1953 Beschlüsse z. Feier 30-jähriges Bestehen
- 1953 – Der Verband empfahl die Ausdehnung des Geschäftsbezirkes auf die ländlichen Randgebiete der Stadt Nordhorn. 3 Hieraus ist die Errichtung der Zweigstellen Lingener Straße, Klausheide, Brandlecht und Denekamper Straße abzuleiten, denen jeweils einzelne Blog-Beiträge gewidmet sind.
- 1954 – 75-2 S. 157 VS+AR v. 01.10.1954 – Anschaffung eines neuen Ofens.
- 1955 – 73-2 S. 102 GV v. 14.05.1955 – Rendant Wilmink i.d. Vorstand gewählt
- 1955 – Am 14.05.1955 berichtete der Rendant Hermann Wilmink den Mitgliedern der Generalversammlung über die am 02.05.1955 eröffnete Nebenzweigstelle in Nordhorn. 4
- 1958 – Am 02.12.1958 beschloss die Generalversammlung aus der „Kasse“ in eine „Raiffeisen-Bank“ Hestrup e.G.m.b.H. umzufirmieren. 5
- 1959 – 75-3 S. 163 VS+AR v. 10.06.1959 – Umbau Geschäftsräume, Einbau Ölheizung.
- 1961 – Am 03.01.1961 wurde die Nebenzweigstelle Klausheide zwei halbe Tage wöchentlich im Haus Hilderink eröffnet.6
- 1964 – Umstellung der Buchführung zum 05.11.1964 auf das Lochkartenverfahren. 7
- 1965 – Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen am 04.03. den Neubau des Bankgebäudes direkt neben dem bisherigen Standort, sowie den Verkauf des alten Bankgebäudes aus 1938.8 Die Generalversammlung stimmte am 12.05. diesem Vorhaben einstimmig zu, geplantes Volumen ca. 210.000 DM. 9 Zu diesem Beschluss gab es vorher eine ausführliche Erläuterung vom Rendanten Wilmink, die hier nachzulesen ist: 172-2 GB aus GV v. 12.05.1965 S 15 – 17 TOP 7 – Neubau i.Hestrup v. H.Wilmink
- 1965 – Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen am 04.03. ebenfalls, den Antrag der Gemeinde Brandlecht aufzunehmen und in Brandlecht eine Nebenzweigstelle zu eröffnen.10 Hierfür gelang es im Hause Landwehr einen Geschäftsraum anzumieten. Am 03.05.1965 wurden dort die Bankgeschäfte aufgenommen. 11
- 1965 – Am 03.12. erging der Vorstands- und Aufsichtsratsbeschluss, eine Zweigstelle für die Stadtteile „Blumensiedlung“ und „Blanke“ einzurichten.12
- 1966 – Am 01.07.1966 wurden die Bankgeschäfte im Neubau in Hestrup sowie in der Zweigstelle Denekamper Straße im Haus Bölting aufgenommen.13
- 1967 – Vorstand und Aufsichtsrat beantragten bei der Gemeinde Hestrup die Schulstraße in Raiffeisenstraße umzubenennen.14
- 1969 – In der Vorstands- und Aufsichtsratssitzung vom 10.12. berichtete Hermann Wilmink über den Stand der Fusionsverhandlungen der beiden genossenschaftlichen Spitzenverbände – dem Deutschen Genossenschaftsverband (Schulze-Delitzsch) und dem Deutschen Raiffeisenverband
Beide Genossenschaften entstammten nicht den Ideologien der Namensgeber dieser beiden Spitzenverbände (Raiffeisen und Schulze-Delitzsch).
Die Spar- und Darlehnskasse eGmuH in Brandlecht (später Raiffeisen-Bank Hestrup e.G.m.b.H.) wurde bei der Gründung vom Verband ländlicher Genossenschaften, Hannover begleitet. Dieser gehörte zur Vereinigung deutscher landwirtschaftlicher Genossenschaften (Haas).15 In 1930 fusionierte der „Haas“-Verband mit dem „Raiffeisen“-Verband zum „Reichsverband“ und wurde 1949 umbenannt in „Deutscher Raiffeisenverband“
Die Spar- und Darlehnskasse eGmbH in Nordhorn (später Volksbank Nordhorn e.G.m.b.H.) wurde bei der Gründung vom Hauptverband deutscher gewerblicher Genossenschaften (Korthaus), Berlin, begleitet. Dieser fusionierte 1920 mit dem Allgemeinen Verband der deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften zum „Deutschen Genossenschaftsverband“ und bekam ebenfalls 1949 den Zusatz in Klammern (Schulze-Delitzsch).
Damit gingen die Namen der verdienstvollen Protagonisten um das Genossenschaftswesen „Haas“ und „Korthaus“ unter. Der Name „Raiffeisen“ stand mit dieser Verbandsstrategie für die ländlichen Genossenschaften mit der Zielgruppe der Bevölkerung und Selbstständigen in den ländlichen Regionen. Hieraus ist auch die bundesweit gezielte Umfirmierung der Genossenschaften in „Raiffeisen“ zu begründen (s.o. unter 1952). Der Name „Schulze-Delitzsch“ stand für die städtisch geprägten Genossenschaften mit den unternehmerischen Zielgruppen Handel, Handwerk,Gewerbe und Industrie. Hieraus entwickelten sich die Umfirmierungen zu „Volksbanken“.
Eine Annäherung zweier – aus unterschiedlichen Ansätzen und Gedankengut – entstandenen Genossenschaftsbanken, mit unterschiedlichen Kundengruppen und Kern-Geschäftsgebieten! Konnte das gelingen? Dazu lesen Sie gern weiter im Teil 5.
1. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 172-3, Protokollbuch für Vorstand und Aufsichtsrat, S. 250.
2. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 73-2, Protokollbuch für Generalversammlungen, S. 92.
3. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 75-2, Protokollbuch für den Vorstand II, S. 109.
4. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 73-2, Protokollbuch für Generalversammlungen, S. 103.
5. Ebd., S. 114.
6. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 75-4, Protokollbuch für den Vorstand IV, S. 28 u. 31.
7. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 75-5, Protokollbuch für den Vorstand V, S. 19.
8. Ebd., S. 35.
9. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 73-2, Protokollbuch für Generalversammlungen, S. 142.
10. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 75-5, Protokollbuch für den Vorstand V, S. 35.
11. Ebd., S. 39.
12. Ebd., S. 71.
13. Ebd., S. 102
14. Ebd., S. 160 u. 170.
15. Meyerholz, Dr. Heinrich, 50 Jahre ländliche Genossenschaftsarbeit in Hannover-Braunschweig, S. 5 bis 12.