Selbsthilfe – Selbstverwaltung – Selbstverantwortung – Juli 1921:
In Gildehaus ergriff der damalige Bürgermeister Ernst Buermeyer (1920 – 1933) die Initiative. um die wirtschaftliche Notlage nach dem 1. Weltkrieg zu bekämpfen.
Quelle: Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 175-3, 50 Jahre Raiffeisenbank Gildehaus-Bentheim 1921- 1971, S. 10.
Quelle: Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 329-2, Bentheimer Zeitung

Am Sonntag, dem 24. Juli 1921 fand unter dem Beisein des wissenschaftlichen Genossenschaftsbeamten Rühling von der Landwirtschaftskammer Hannover eine Zusammenkunft von Interessenten statt. An diesem Tag wurde von zwölf Personen (ein Bürgermeister, zwei Kaufleute, drei Handwerker, vier Landwirte, ein Kohlenhändler, ein Geschäftsführer) die Gründung der Spar- und Darlehnskasse eGmbH in Gildehaus beschlossen und die Eintragung in das Genossenschaftsregister veranlasst.

In den Vorstand wurden gewählt: Lambert Becksvoort, Jan Leutnantsmeyer, Ernst Buermeyer.

In den Aufsichtsrat wurden gewählt: Lambert Weinberg, Johann Elfers, Hindrik Koonert.

Zum ersten Rendanten (1921 – 1931) 1 wählte die Gründungsversammlung das Vorstandsmitglied Kaufmann Lambert Becksvoort. In seinem Geschäftshaus für Textilien, Kolonialwaren und landwirtschaftliche Bedarfsartikel erfolgte die Einrichtung eines Geschäftszimmers der neugegründeten Spar- und Darlehnskasse. Die Ortslage in direkter Nähe zur Kirche hatte zur Folge, dass aus den umliegenden Bauernschaften am Sonntag zwischen 11 Uhr und 12 Uhr im Laden bei Becksvoort eingekauft und gleichzeitig die Bankgeschäfte mit erledigt wurden.2

Quelle: Archiv der Graf-
schafter Volksbank eG,329-2,
Protokoll de Gründung,
181-4, Statut der Spar- und
Darlehnskasse eGmbH

 

 

 

 

 

 

Die Entwicklung der Bankgeschäfte – genauso wie bei der im gleichen Jahr (14.04.1921) gegründeten Spar- und Darlehnskasse in Veldhausen – litt sehr unter der einsetzenden Geldflut, der Inflation, die bis Ende 1923 anhielt.“ Man kann sich sicherlich nicht vorstellen, dass damals Handtaschen, Kissenbezüge, Rucksäcke, Wäschekörbe und Pappkartons als Transportmittel für Banknoten dienten. Der Inhalt wurde einfach auf den Tisch gekippt, und nun mußte man sehen, wie man damit fertig wurde. Der Kunde wartete gar nicht solange, sondern kam nach einigen Tagen wieder und ließ sich den Betrag in seinem Kontobuch eintragen. Bauer Johann Lohmann aus Achterberg erzählt noch, daß er einmal mit einem Erlös vom Viehmarkt in Bentheim die Banknoten in der Ferkelkiste verstaute, damit bei Becksvoort vorfuhr und den ganzen Inhalt ungezählt auf den Rendantentisch kippte. Eine Differenz von ein paar Billionen machte damals sowieso nicht viel aus (1 Billion von 1923 waren nach heutigem Wert ca. 0,51 €).“ 3

Quelle: Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 19-1, Protokollbuch Vorstand- und Aufsichtsrat, S. 104.

Nach 10 Jahren legte Lambert Becksvoort seinen Rendantenposten nieder.

Quelle: Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 19-1, Protokollbuch Vorstand- und Aufsichtsrat, S. 113.
Quelle: Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 19-1, Protokollbuch Vorstand- und Aufsichtsrat, S. 162.

Durch den Beschluss von Vorstand-und Aufsichtsrat vom 30.09.1931 folgte Hermann Elfers. Der Geschäftsverkehr wurde nun zwei Jahre in seinem Haus in der Sandstraße abgewickelt.

Zum 12.10.1934 übernahm Dietrich Nijhuis die Geschäftsführung, der in seinem Wohnhaus Mühlenberg 2 dafür einen Kassenraum einrichtete. “ Zu Herrn Nijhuis ging man, wie es gerade paßte. Meist war er in seinem Garten, dann zog er seine holländischen Klumpen aus, stieg in die Pantoffeln, die vor der Haustür standen und ging mit den Kunden in das Rendantenzimmer, um die Aufträge zu erledigen. Anschließend stieg Nijhuis dann wieder in seine Klumpen.“4

Am 2. Weihnachtstag 1938 wurde er bei einem Autounfall tödlich verletzt. Da inzwischen die Tochter Thea Nijhuis zur Erledigung von Arbeiten herangezogen worden war, erteilten ihr der Vorstand und Aufsichtsrat zum 01.01.1939 die Vollmacht zum Führen der Geschäfte.5 Die Rendantentätigkeit wurde dann per 01.04.1939 von der Generalversammlung bestätigt.6 Zum 30.07.1940 gab sie diese Tätigkeit auf. Im August 1941 und im Oktober 1942 – allerdings dann schon als Frau Thea Roffmann – übernahm sie die Urlaubsvertretung für den nachfolgenden Rendanten Gerhard Schrader.

Quelle: Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 329-2,

In der Vorstands- und Aufsichtsratssitzung vom 30.07.1940 wurde beschlossen, ab dem 01.08.1940 Gerhard Schrader als Rendanten einzusetzen  und gleichzeitig das Geschäftslokal in die Hauptstraße 72 zu verlegen.7 In der Tabakwarenhandlung Fa. Johann Schüürmann konnte dafür ein Zimmer angemietet werden.8

Quelle: Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 19-1, Protokollbuch Vorstand- und Aufsichtsrat, S. 273.

Im März 1943 wurde Gerhard Schrader (verstarb 1946 in der Kriegsgefangenschaft9 ) kurzfristig zum Wehrdienst eingezogen. Es gab in dieser Zeit des Krieges erhebliche Schwierigkeiten, die Geschäfte aufrecht zu erhalten. Hiervon zeugt das Protokoll vom 05.03.1943. Auch Thea Roffmann wurde während dieser personellen Notsituation wieder eingebunden. Weiterhin wurde ein personeller Hilferuf an die Nachbargenossenschaft in Bentheim gesandt. Die Spar- und Darlehnskasse Bentheim erklärte sich bereit einen jungen Mann für einen Monat für die tägliche Arbeit freizustellen. Der Rendant Walter Schöndube wurde beratend zur Verfügung gestellt. Dies dokumentiert auch ein Beschluss in den Büchern der Spar- und Darlehnskasse Bentheim vom 11.03.1943.

Am 09.03.1943 gelang es Vorstand und Aufsichtsrat mit dem Kaufmann Wilhelm Hermann Wieking bis zum 31.12.1943 einen Vertreter zu finden.10

Quelle: Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 19-1, Protokollbuch von Vorstand- und Aufsichtsrat, S. 277.
Malermeister Gerhard Bruns, Bild-Quelle: Enkel Gerhard Bruns, Bad Bentheim

Danach trat zum 01.12.1943 der Malermeister Gerhard Bruns aus Bentheim in den Dienst der Spar- und Darlehnskasse Gildehaus. In der Vorstands- und Aufsichtsratssitzung vom 30.11.1943 wurde beschlossen, ihn ab dem 01.01.1944 als neuen Rendanten einzusetzen. Wiederum eine Nachbarschaftshilfe, denn Gerhard Bruns war seit 1936 (bis 1953) Vorstandsmitglied der Spar- und Darlehnskasse in Bentheim, nachdem er bereits von 1930 bis 1936 dort als Aufsichtsratsmitglied fungiert hatte.

Eine UK-Stellung des Wehrmeldeamtes, die im Protokoll vom 20.06.1944 dokumentiert ist, 11 führte dazu, das Gerhard Bruns die Rendantentätigkeit über das Kriegsende hinaus fortsetzen konnte. Am 03.08.1945 bat er Vorstand und Aufsichtsrat darum, ihn baldmöglichst „abzulösen um wieder in seinem Beruf tätig sein zu können.“ 12 Dem Vorstands-und Aufsichtsratsprotokoll vom 28.09.1945 ist zu entnehmen, das man auf die Rückkehr vom Vorgänger Gerhard Schrader hoffte. Es erging der Beschluss “ Der Geschäftsführer Bruns soll zwei bis drei Tage in der Woche zwecks Übersicht und nötigen Arbeiten die Kasse weiter führen „.13 Weiterhin wurde ihm zum 01.10.1945 Hermann Rüggen als Angestellter zur Seite gestellt. Dieser hatte zuvor bei der Spar- und Darlehnskasse in Schüttorf seine Banklehrzeit absolviert.14

Quelle: Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 14-5, Protokollbuch für Generalversammlungen, S. 63.

Zum 30.09.1948 legte Gerhard Bruns wegen Überlastung seine Rendantentätigkeit nieder. Daraufhin wurde Hermann Rüggen die Geschäftsführung anvertraut. Dieser war mit Beschluss vom 17.06.1946 als Stellvertreter angestellt worden. 15

In genau dieser Vorstands- und Aufsichtsratssitzung wurde ebenfalls beschlossen, den Genossenschaftsverband zur Gründung und Anbindung einer Landwirtschaftlichen Bezugs- und Absatzgenossenschaft an die Spar- und Darlehnskasse zu befragen. In der folgenden Generalversammlung vom 29.06.1946 gab es dann schon den TOP 6 „Beschlußfassung über geschäftliche Maßnahmen“. Wie die Mitglieder darüber dachten und was beschlossen wurde, zeigt der Protokollauszug:

In mehreren Sitzungen wurde die Umsetzung dieses Beschlusses thematisiert. Auch mussten Widerstände überwunden werden. Dazu wurden drei Mitglieder der Verwaltung bestimmt, die bei der Kreisbauernschaft „gegen die Ablehnung der Aufnahme des Warengeschäfts Protest erheben.“ 16 In der Sitzung vom 13.03.1947 viel die endgültige Entscheidung. Vorstand und Aufsichtsrat erzielten mit Heinrich Wilmink eine Einigung, sein Warengeschäft in eine 2. Abteilung zu übernehmen und ihn damit als zukünftigen Leiter dieser Abteilung zu gewinnen. 17 Der Aufsichtsratsvorsitzende Gerrit Hoegen verkündete den Mitgliedern in der Generalversammlung am 12. April 1947 unter TOP 7 „daß ab 1. Mai 1947 die Spadaka als 2. Abt. die Warenabteilung aufnehmen wird.“ Unter TOP 8 wurde der zukünftige Firmenzusatz Landw. Bezugs- und Absatzgenossenschaft beschlossen. 18 

Nachdem anfangs ein Lagerplatz gemietet werden konnte, beschloss man am 20.08.1948 einen Mietvertrag mit der Bentheimer Eisenbahn einzugehen, um auf diesem „Mietplatz“ die Baugenehmigung für die Errichtung eines Lagers zu beantragen. 19 Am „Bahnhof Mitte“ wurde das erste kleine Lagerhaus errichtet. 20

Wie es weitergeht mit der „Spar- und Darlehnskasse Landw. Bezugs- und Absatzgenossenschaft Gildehaus eGmbH“ und dem Anfang der später im Volksmund bekannten „Roffmann-Bank“ folgt in Teil 2.

 

 

 

 

 

 

 

1. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 19-1, Vorstands- und Aufsichtsratsprotokoll, S. 104.

2. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 175-3, 50 Jahre Raiffeisenbank Gildehaus-Bentheim 1921-1971, S. 10.

3. Ebd., S. 11.

4. Ebd., S. 11.

5. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 19-1, Vorstands- und Aufsichtsratsprotokoll, S. 227.

6. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 14-5, Protokollbuch der Generalversammlung, Seite 51.

7. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 19-1, Vorstands- und Aufsichtsratsprotokoll, S. 248.

8. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 175-3, 50 Jahre Raiffeisenbank Gildehaus-Bentheim 1921-1971, S. 12.

9. Ebd.,

10. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 19-1, Vorstands- und Aufsichtsratsprotokoll, S. 273.

11. Ebd., S. 281.

12. Ebd., S. 286.

13. Ebd., S. 287.

14. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 332-3, Referenz für Hermann Rüggen, 01.09.1956.

15. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 19-2, Vorstands- und Aufsichtsratsprotokoll, S. 23. u. S. 3.

16. Ebd., S. 8

17. Ebd., S. 9.

18. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 14-5, Protokollbuch für Generalversammlungen, S. 65.

19. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 19-2, S. 19.

20. Archiv der Grafschafter Volksbank eG, 175-3, 50 Jahre Raiffeisenbank Gildehaus-Bentheim 1921-1971, S. 12.

.