Der Verband stellte fest: Das Kassenlokal ist vollkommen unzureichend für die weitere Entwicklung !

Nach dem einstimmigen Beschluss der Generalversammlung begann die Suche nach einem angemessenen „Kassenlokal“. Der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Wessel Tibbe, der damalige Vorstandsvorsitzende Johann Hesping und der Rendant Johann Klümper wurden bevollmächtigt, ein „Hausgrundstück“ bis zu einem Kaufpreis von 50.000 DM zu erwerben. Am 25.02.1956 entschieden sich Vorstand- und Aufsichtsrat gegen einen Ankauf des Hauses Steggewentze in der Brunnenstraße, da die Lage „nicht als günstig anzusehen ist“. 1 In einer Sondersitzung am 11.04.1956 wurde eine Debatte über einen Ankauf der Objekte „Haus Egbringhoff in der Steinstraße“ und „Haus Hatger“ geführt. Es wurde beschlossen, zunächst dem Eigentümer des Hauses Hatger ein „festes Gebot“ unter „kurzer Fristsetzung zu unterbreiten“ . 2

Der neue Standort Föhnstraße 17, Quelle: UA der Grafschafter Volksbank eG, Bildbestand.

Am 27.04.1956 gelang es für das „Haus Hatger“ mit dem Eigentümer einen Mietvertrag vom 01.06.1956 bis 31.12.1958 für das gesamte Gebäude abzuschließen und die im Ober- und Dachgeschoß vermieteten Wohneinheiten als Untervermietung zu übernehmen. Gleichzeitig machte der Eigentümer ein notarielles Kaufangebot bis zum 31.12.1958, dass bis dahin von der „Raiffeisenkasse“ zwecks Erwerb des „Hausgrundstücks“ zu dem Kaufpreis von 51.300 DM angenommen werden konnte. Unter diesen Rahmenbedingungen investierte die Bank auf eigene Kosten, um das Erdgeschoss als zukünftiges Geschäftslokal einzurichten. 3 Zur Gestaltung des neuen Geschäftslokals wurde der Architekt des Genossenschaftsverbandes beauftragt. 4

„Möge mit dem heutigen Tage in der Erfolgschronik der Raiffeisenkasse Schüttorf ein neues Kapital begonnen werden, das sich würdig den bereits abgeschlossenen zugesellt und richtungsweisend für eine hoffentlich nicht minder gesegnete Zukunft wird.“  Zitiert aus dem Zeitungsartikel der Grafschafter Nachrichten zum Umzug in die neuen Räume und hier zu lesen: 13-1 Zeitungsartikel der GN zur Eröffnung 1.8.1956.

Diese weitreichende Entscheidung für eine weiterhin erfolgreiche Entwicklung und Zukunft wurde ebenfalls noch in der „Ära“ des Rendanten Johann Klümper getroffen.

Mit Erreichen der Altersgrenze legte Johann Klümper sein Amt als Rendant zum 01.07.1956 nieder 5 13-1 Bericht ü.d. GV 2.10.56 – Dank an J. Klümper

Quelle: UA der Grafschafter Volksbank eG, 249-3, Protokollbuch für Vorstand und Aufsichtsrat, Seite 74.
Rendant Hans Stamme Quelle: Tochter Brigitte Wanning, Schüttorf

Zu seinem Nachfolger wählten Vorstand und Aufsichtsrat einstimmig den Angestellten Hans Stamme zum neuen Rendanten. Dieser war im Oktober 1945 als „Hilfskraft“ eingestellt worden und später bis zu seiner neuen Aufgabe als Buchhalter tätig. 6 Seit 1952 trugen die Protokolle der Generalversammlungen schon seine Handschrift als dazu ernannter Schriftführer. 7 Zur Unterstützung des Rendanten wurde mit Klaus Belz gleichzeitig am 01.07.1956 der erste „Lehrling“ eingestellt. Am 01.04.1957 folgte zusätzlich mit Hanna Amt ein weiblicher „Lehrling“. 8

Die Mitglieder der Generalversammlung vom  02.10.1956 entschieden unter TOP 8 und 9 einstimmig die Umwandlung in die Rechtsform „beschränkte Haftpflicht“. Die Firma lautete damit: „Raiffeisenkasse eGmbH in Schüttorf“.  Unter TOP 14 gaben die Mitglieder einstimmig den vertraglichen Bedingungen zum eingeleiteten Grundstückserwerb ihre Zustimmung. 9 Mit diesem Votum im Rücken leiteten Vorstand und Aufsichtsrat am 20.05.1957 die Annahme des notariellen Kaufangebotes ein. Sie erwarben damit das Eigentum am „Haus Hatger“ und sicherten den Standort Föhnstraße 17 für die weitere Zukunft der Bankgeschäfte.

Quelle: UA der Grafschafter Volksbank eG, 249-3, Protokollbuch für Vorstand und Aufsichtsrat, Seite 129.
Quelle: UA der Grafschafter Volksbank eG, 13-1, GN v. 12.08.1957

Der nebenstehende Beschluss wurde am 26.01.1957 getroffen. In der Landgemeinde „Ohne“ sollte eine Annahmestelle eingerichtet werden. Die beantragte Genehmigung wurde erteilt. Am 10.Mai 1957 ging es los. Die Bevölkerung wurde entsprechend darüber informiert: 13-1 Postwurfsendung Annahmestelle Ohne Freitags Nachmittags von 14:30 bis 16:30 Uhr im Hause Rott (Poststelle im Ortskern), bis 1974 Familie Rott einen Wohnhausneubau bezog und die Poststelle aufgegeben wurde. Die Bank richtete dann einen motorisierten Außendienst für die Kunden in Ohne und Umgebung ein. Die Kunden wurden jetzt jeden Freitag Nachmittags direkt Zuhause besucht. 10

Quelle: UA der Grafschafter Volksbank eG, 11-6, Protokollbuch für Generalversammlungen, Seite 76.

Die Vorstandstätigkeit des Gründungsmitglieds und 1. Rendanten Johann Klümper endete mit seinem Tod. Er verstarb viel zu früh mit 68 Jahren am 28.11.1958. 11 Somit prägte er mit seiner Persönlichkeit seit der Gründung über 35 Jahre die Entwicklung der damaligen Spar- und Darlehnskasse eGmuH in Schüttorf. Am 15.09.1959 wählte die Generalversammlung den Rendanten Hans Stamme auch als seinen Nachfolger in den Vorstand.

Der Standortwechsel und die neuen Geschäftsräume sorgten für einen erheblichen Schub in der Wahrnehmung und Entwicklung der Bank. Auf den nachfolgenden Generalversammlungen konnte Rendant Stamme regelmäßig über steigende Aktiva, Passiva und dem Wachstum der Bilanzsumme berichten. 12

Nachfolgend kurz und knapp ein paar Geschehnisse im Laufe der Jahre:

  • 31.12.1957 – Der Vorstand befürwortet bei der Kreissparkasse ein Verrechnungskonto zu unterhalten 13
  • 12.03.1959 – Vorstandsbeschluss zur Aufnahme der Zusammenarbeit mit der Bausparkasse Schwäbisch Hall 14
  • 23.05.1960 – Beschluss über einen neuen „Außenanstrich“ und das Anbringen einer „Leuchtreklame“ 15
  • 23.06.1960 – Kauf einer gebrauchten Schüttelwagenmaschine für 900 DM von der Spar- und Darlehnskasse Emlichheim 16

    Quelle: UA der Grafschafter Volksbank eG, Fotobestand
  • 15.07.1961 – Installation einer Tag-Nachttresoranlage zur 24-Std. Aufgabe von „Geld und andere Wertsachen“ (s. erstes Bild oben im linkenTeil) 13-1 Nachttresor dringend w Schließung des Sa. i. Bankgewerbe, 15.07.1961. Die vor 62 Jahren installierte Anlage ist zwar außer Funktion, aber auch heute noch in der Föhnstraße 17 sichtbar. (Exkurs: Die erste Tätigkeit des Autors als Lehrling war das Putzen dieser Messingbeschichtung bis diese glänzte)
  • 25.07.1963 – Generalversammlung mit Ehrungen für 40jährige Mitgliedschaft: 13-1 40jähriges Bestehen – GN v. 27.07.1963
  • 19.12.1963 – Beschluss bei der Kollegenbank in Nordhorn ebenfalls „ein Konto zur Verrechnung von Überweisungen und Schecks etc. anzulegen“ 17
  • 10.09.1964 – „Die Anschaffung eines Postfreistemplers wird genehmigt“ 18 (Beim Briefversand mussten keine Briefmarken mehr angefeuchtet werden)
  • 10.12.1964 – Anstatt einer neuen Buchungsmaschine, wurde – auf Verbandsempfehlung – beschlossen baldmöglichst der Buchungsgemeinschaft beizutreten. 19 Die Umsetzung erfolgte im Juli 1965 mit dem Lochkartensystem. 20
aus ca. 1964. Quelle: Brigitte Wanning, Schüttorf

Die gute Entwicklung lässt sich auch an der gewachsenen Zahl an Mitarbeitern festmachen. 3 Angestellte (Klaus Belz, Hanna Amt, Wolfgang Lang) und 2 „Lehrlinge“ (Eberhard Doronkin, Annelies Kleinert) hatte Rendant Hans Stamme inzwischen zu führen.

Ebenso wie seinem Schwiegervater Johann Klümper 21  war auch dem Rendanten Hans Stamme (verheiratet mit Tochter Margarete) ausdrücklich vom Vorstand und Aufsichtsrat erlaubt worden 22 das private Unternehmen (gegr. 1821 23 ) des Johann Klümper parallel weiter zu führen. Der angemietete Geschäftsraum 24 der Bank am Singel befand sich ja bis 1956 in den Büroräumen dieser Firma.

Quelle: UA der Grafschafter Volksbank eG, 4-1, Revisionsbericht 05.1965, Pkt. 16.

In der Vorstands- und Aufsichtsratssitzung vom 11.02.1965 teilte Hans Stamme den Verwaltungsmitgliedern mit „daß er an eine Umbesetzung seines Rendantenpostens zum 1.7.1965 denkt“. 25 Die Vermutung, dass diese Doppelbelastung zweier paralleler Geschäftsführungen nicht mehr zu verantworten und tragbar war, bestätigt die nebenstehende Dokumentation. Hans Stamme entschied sich, seine volle Energie und Aufmerksamkeit dem inzwischen über 200 Jahre alten Wurstwarenhersteller Klümper & Stamme in Familientradition zu widmen. Er erklärte sich aber bereit „seine ganze Kraft zum Wohle der Genossenschaft in der Verwaltung weiter einzusetzen“. Und daran hielt er sich auch, denn das ehrenamtliche Vorstandsamt übte er bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden aus, von 1972 bis 1987 auch als Vorstandsvorsitzender. Somit wirkte er insgesamt 42 Jahre für die Entwicklung der damaligen Spar- und Darlehenskasse eGmuH Schüttorf.

Hier folgt für Interessierte die Entwicklung im Zeitraffer:

13-1 GN-Bericht der GV v. 12.07.1955     13-1 GN-Bericht der GV v. 02.10.1956     13-1 GN-Bericht der GV v. 03.09.1957

13-1 GN-Bericht der GV v. 08.09.1958     13-1 GN-Bericht der GV v. 15.09.1959     13-1 GN-Bericht der GV v. 05.07.1960

13-1 GN-Bericht der GV v. 13.07.1961     13-1 GN-Bericht der GV v. 10.07.1962     13-1 GN-Bericht der GV v. 25.07.1963

13-1 GN-Bericht der GV v. 11.06.1964     13-1 GN-Bericht der GV v. 31.08.1965 Oldekamp folgt Stamme

 

Doch wer ist Siegfried Oldekamp, sein Nachfolger, bisher Angestellter bei der Raiffeisenbank Hestrup e.G.m.b.H. ?

Dazu geht es weiter im Teil 3.

 

 

1. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 249-3, Protokollbuch für Vorstand und Aufsichtsrat, Seite 120.

2. Ebd., Seite 121.

3. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 3-1, Revisionsbericht 1957.

4. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 249-3, Protokollbuch für Vorstand und Aufsichtsrat, Seite 123.

5. Ebd.,

6. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 3-1, Revisionsbericht 1957.

7. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 11-6, Protokollbuch für Generalversammlungen, Seite 47 – 93.

8. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 3-1, Revisionsbericht 1957.

9. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 11-6, Protokollbuch für Generalversammlungen, Seite 68.

10. Zeitzeugnis vom 15.02.2023 des Autors Manfred Sundag, Schüttorf.

11. Enkelin Brigitte Wanning, Schüttorf, Familien-Ahnentafel, 05.05.2019.

12. Unternehmensarchiv der Grafschfter Volksbank eG, 13-1, Zeitungsberichte.

13. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 249-2, Protokollbuch für den Vorstand, Seite 87.

14. Ebd., Seite 102

15. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 249-3, Protokollbuch für Vorstand und Aufsichtsrat, Seite 154.

16. Ebd., Seite 155.

17. Ebd., Seite 186

18. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 249-2, Protokollbuch für den Vorstand, Seite 163.

19. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 251-2, Protokollbuch für Vorstand und Aufsichtsrat, Seite 2.

20. Zeitzeugeninterview mit Siegfried Oldekamp durch den Autor, 15.02.2023.

21. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 1-1, Angestelltenvertrag Johann Klümper.

22. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 3-1, Revisionsbericht 12.1951.

23. Funke, Heinrich, Schüttorf – Geschichte und Geschichten, S. 119.

24. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 249-3, Protokollbuch für Vorstand und Aufsichtsrat, Seite 67.

25. Unternehmensarchiv der Grafschafter Volksbank eG, 251-2, Protokollbuch für Vorstand und Aufsichtsrat, Seite 5 und 6.